03 / 08 / 18
LEUCHTSPUR. Der Blog von Stefanie Körber und Stefan Pott

Lob der Ahnungslosigkeit.

 

„Keine Ahnung. Und Du?“

„Keine Ahnung.“

Dieser kurze Dialog fand neulich in der U-Bahn irgendwo hinter uns statt. Zwei Teenager waren eingestiegen und hatten sich über ihre offensichtlich gerade stattfindenden Maturaprüfungen unterhalten – wie schwer diese nicht seien, wie jenseitig die Lehrer, diese Dinge eben. Und dann fragte der eine den anderen, was er denn nach der Schule eigentlich machen würde. Also jobmäßig, quasi … beruflich.

„Keine Ahnung. Und Du?“

„Keine Ahnung.“

Es klang bedrückt. Ahnungslosigkeit hat im Berufsleben einen ausgesprochen schlechten Ruf, er dürfte nur knapp oberhalb von dem eines Verkäufers alkoholfreien Biers in einem irischen Pub liegen. Im Berufsleben, so die gängige Meinung, muss man unbedingt wissen, was man will, je früher desto besser. Und so liegen ganze Maturajahrgänge mitsamt ihren Eltern schlaflos im Bett, weil nach dem Schulabschluss im Juni schrecklicherweise auch im Juli noch nicht klar ist, welcher Berufsweg denn jetzt einzuschlagen ist.

Wir beraten jeden Tag Menschen dabei, ins Berufsleben zu kommen bzw. ihr Berufsleben weiterzuentwickeln. Und wir haben dabei die Erfahrung gemacht, dass die vermeintliche Ahnungslosigkeit fast immer etwas sehr anderes ist – ein Ahnungsgewinn. Nämlich davon, dass eine schnelle, übliche und erstbeste Antwort nicht weiterhilft. Es scheint so etwas zu geben wie das BERUFLICHE WESEN, das wir alle in uns haben und an dem wir nicht beliebig vorbeileben können, wenn wir wirklich Erfolg haben wollen, also einen Erfolg, der über das Gehalt hinausgeht und nicht in Burnout oder völliger Sinnentleerung endet.

In der Schattenarbeit bringen wir deshalb Licht in die Frage, was denn dieses BERUFLICHE WESEN sein könnte: Was sind Ihre wirklichen Talente und Begabungen, Ihre beruflichen Herzensanliegen? Haben diese sich verändert bzw. sind diese womöglich gerade dabei, sich zu verändern? Und was sind bzw. woher kommen eigentlich die Ängste und Vorstellungen, Handlungsmuster und Annahmen, die Ihnen dabei immer wieder in die Quere kommen und Sie von Ihrem Erfolg abhalten?

To have no idea, wie es im Englischen heißt, ist ein guter Anfang, um die richtigen Antworten zu finden. Denn wir sind in diesem Modus bereit für Neues, aber nicht bereit für Falsches. Und wie es scheint, liebt das Leben diesen Zustand – denn es kommt den Fragenden sehr verlässlich zu Hilfe. Das sieht dann beispielsweise so aus: Dann kommt plötzlich ein Jobangebot, das perfekt passt. Oder die erfolgreiche nationale Firma wird überraschenderweise gekauft und es ergeben sich die lang ersehnten internationalen Arbeitsmöglichkeiten. Oder man stöbert im Cafe (in dem man sonst nie sitzt) in der Zeitung (die man sonst nie liest) durch den Stellenteil (was man sonst nie tut) und findet tatsächlich eine Position, die alles hat, was man gerne hätte.

Manchmal ist diese Entwicklungshilfe aber auch nicht ganz leicht zu entschlüsseln, weil sie als negatives Erlebnis auftritt. Ein Beispiel: Wenn Sie mit Ihrer freiberuflichen Tätigkeit plötzlich nicht mehr genug zu verdienen ist, dann ist das womöglich vor allem die Aufforderung, endlich über die eigene berufliche Entwicklung nachzudenken. Oder: Es kommt ein neuer Chef/eine neue Chefin, mit der keine sinnvolle Zusammenarbeit möglich scheint – es könnte der Anstoß sein, einmal über Veränderung nachzudenken, vielleicht auch darüber, selbst Chef/Chefin zu werden oder warum das jetzt schon die dritte Position hintereinander ist, wo Sie Probleme mit Ihren Vorgesetzten haben. Und vielleicht hören Sie sich dann ja sagen: ”Keine Ahnung“.

Ein guter Anfang.

 

 

© Institut für Schattenarbeit 2018